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Einführung
Obere, untere und seitliche Kanten eines Knüpf-teppichs oder Flachgewebes usw. sind naturge-mäss Stellen, die besonders stark der Abnutzung ausgesetzt sind. Deshalb werden sie meist sehr sorgfältig ausgearbeitet, sei es während des Webvorgangs, sei es nachträglich. Die vielfältigen technischen und formalen Variationen werden eigentlich viel zu wenig beachtet. Dies ist um so bedauerlicher, als sie neben ihrem ästhetischen und handwerklichen Reiz häufig zu genauerer Herkunftsbestimmung herangezogen werden und damit auch historische Schlüsse ermöglichen könnten. Erschwert wird die Analyse allerdings durch die noch kaum erarbeitete Terminologie und durch die Tatsache, dass diese Stellen bei älteren oder stark abgenutzten Stücken häufig nicht mehr vorhanden sind oder aber mit anderem Material und in anderen Techniken ergänzt wurden.
Seiten
Die seitlichen Webkanten eines Knüpfteppichs oder Flachgewebes bedürfen einer Verstärkung oder im Fall geknüpfter Erzeugnisse auch einer Ausglei-chung des Grundschusses. Diese wird in den meisten Fällen während des Web- und Knüpf-vorgangs angebracht.
Um der Webkante mehr Festigkeit zu verleihen, wird häufig für die äussersten Kettfäden dickeres Ma-terial gewählt, oder es werden mehrere Kettfäden zu Gruppen zusammengefasst.
Von den mannigfaltigen Möglichkeiten, die Seiten in Schussrichtung zu verstärken, können hier nur eini-ge wichtige herausgegriffen werden:
Umkehrender Schuss
Der Grundschuss wird bei den äussersten Kettfä- den oder Kettfadengruppen mehrmals hin und hergeführt (vgl. Fig. 21), bevor er wieder über die ganze Web breite zurückkehrt. Er liegt dadurch dichter und gleicht damit die Lücken der fehlenden Knotenreihen, die nicht bis zur Webkante einge-knüpft sind, aus.
Umwickeln mit zusätzlichem Faden (overcasting)
Neben dem Grundschuss werden während des Web- und Knüpfvorgangs zusätzliche Fäden, man-chmal in verschiedenen Farben, um die äussers-ten Kettfäden oder Kettfadengruppen geschlungen, entweder durch einfache Umwicklung (vgl. Fig.22), in Form von Achterschlingen (vgl. Fig.23) oder mehrfachen, z. B. dreifachen Schlingen (vgl. Fig.24), oder sogar in Zopfform (vgl. Fig.25).
Umwicklungen können aber auch nach dem Web-vorgang mit Garn mit Hilfe einer Nadel angebracht werden. In der gleichen Art werden häufig die Kanten zusammengesetzter Taschen ausgearbei-tet und zusätzlich mit Fransen, Quasten, Glasper-len, Schneckenschalen usw. verziert.
Ober- und Unterkanten
Entsprechend der Arbeitsrichtung werden die End-partien als Unterkante (Webbeginn) und Oberkante (Webende) bezeichnet, wobei allerdings bei Flachgeweben oft nicht entschieden werden kann, an welcher Kante mit Weben begonnen wurde.
Bei geknüpften Erzeugnissen schliessen an den geknüpften Teil häufig flachgewebte Endpartien an, einfarbig oder gestreift in Leinwand- oder Schuss-repsbindung oder aber verziert in den unter zwei angeführten Flachgewebe-Techniken wie Wirkerei, Zierschuss-Techniken usw.
Hie und da werden in der Literatur diese End-partien einfach "Kelim" genannt, als flachgewoben, im Gegensatz zum geknüpften Teil. Dieser Begriff ist als ungenau abzulehnen, bezeichnet er doch Wirkerei-Techniken. Eine besondere Form, die zur Verzierung von Ober- und Unterkanten verwendet werden kann, sei hier genauer beschrieben.
Zwirnbinden des Schusses (weft twining)
Um die letzten Schüsse zu fixieren, oft aber einfach auch als Verzierung, werden Paare von meist zwei verschiedenfarbigen Schüssen in die Kette so eingezwirnt, dass sie sich jeweils nach einem oder mehreren Kettfäden miteinander verdrehen (vgl. Fig. 26). An den Seitenkanten werden diese Zwirn-schusspaare wie Grundschüsse zurückgeführt oder etwa auch zu einem Zöpfchen verflochten.
Interessant ist auch, wie variationsreich die Kett-enenden fixiert und ausgearbeitet werden. Von den unzähligen Möglichkeiten können hier nur einige dargestellt werden.
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